Vom Ufer der Memel: 24.07.2005
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felixackermann
on Jul 24, 2005
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Memel
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Minsk und Warschau tauschen weiterhin diplomatische Seitenhiebe aus. Man droht, schimpft und weist gegenseitig Botschaftspersonal aus. Warschaus Vorwurf lautet: die Regierung in Minsk mischt sich in die inneren Angelegenheiten der polnischen Minderheit ein. Minsk kontert: Warschau mischt sich in inne Angelegenheiten Weißrusslands ein. Währenddessen versuchen die „richtigen Polen“ in Grodno Ruhe zu bewahren.
Die auf dem letzten Treffen der Polen Weißrusslands gewählten Vertreter der größten Nichtregierungsorganisation des Landes, harren noch immer aus im Haus an der Kreuzung Dzierzynski Straße Ecke 17. September. Ab und zu ruft der vormalige Chef an, der vom Ministerium für Gerechtigkeit beauftragt wurde, das Verbandstreffen erneut zu organisieren. Kürzlich kündigte er sich für den nächsten Tag an, um mit einem Team vom Regionalfernsehen die „aufständigen Polen“ vorzuführen. Diese planen laut Informationen aus den staatlichen Abendnachrichten einen bewaffneten Angriff auf die Integrität der Republik Belarus.
Dieser Eindruck bestätigt sich im Haus nicht. Es herrscht reges Treiben, aber kaum Disziplin. Die neue Chefin raucht souverän unter dem Portrait des Aufstandshelden Kosciuszko - obwohl ihr Stellvertreter mehrmals Protest angemeldet hat. In der Redaktion der „Stimme vom Ufer der Memel“ ist man mehr damit beschäftigt, die polnische Öffentlichkeit mit neusten Schreckensinformationen zu versorgen als die nächste Ausgabe vorzubereiten. Die Grodnoer Druckerei hatte den Druck des wöchentlich erscheinenden Blatts verweigert und dann einen mysteriösen Doppelgänger produziert. Als Chefredakteur gab sich nach einigen Ausgaben der Bruder des „falschen Polen“, dem ehemaligen Vorsitzenden zu erkennen. In der Redaktion versuchte man alle möglichen legalen Wege einzuleiten, um die Fälschung verbieten zu lassen – ohne Erfolg.
Vom Ufer der Memel: 05.07.2005
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felixackermann
on Jul 5, 2005
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Memel
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Wie in Weißrussland das historische Erbe der Schildbürger gepflegt wird
Zwischen dem neuen und dem alten Schlossberg befindet sich die älteste Brüke Weißrusslands. So sieht sie auch aus. Die hohen Bögen sind von der Witterung schwer beschädigt, sie wirken wie von Bibern zernagte Bäume, mehr und mehr Ziegelsteine bröckeln mit jedem Tag aus dem Gemäuer. Deshalb hat der Gouverneur beschlossen: die Brücke muss saniert werden. So wurde eine Ersatzbrücke für die Museumsbesucher errichtet, einige Monate standen Baufahrzeuge in der Gegend herum, die kaputten Ziegelsteine wurden gestapelt. Aber sonst passierte nichts. Bis eines Tages auf der Brücke die Balustraden abgerissen und durch neue Mauern ersetzt wurden, die so schlecht gemauert waren, dass bereits eine Woche später die ersten Ziegel heraus brachen. Dann wurde die Balustrade grau verputzt, sodass sie nun genau so wie zuvor aussah. Als nächstes wurden die alten Pflastersteine von der Brücke entfernt und durch neue Formsteine ersetzt – der Gouverneur mag Formsteine. Als die Ersatzbrücke abgebaut wurde, hatte sich der Zustand des Bauwerks nicht verändert. Sie sieht noch immer aus wie die älteste Brücke Weißrusslands.